Die
Geschichte der Brauerei Wieselburg
Das Brauwesen
lässt sich in Wieselburg bis ins 16.
Jahrhundert zurückverfolgen. In einer
Verfügung des Sigmund Graf Niklas von
Auersperg heißt es 1568 „ Zu meinem Prewhaus
ist jedweder meiner Untertanen jährlich zween
druckte Metzen Hopfen zu geben schuldig.“
Auersperg war
Inhaber der Herrschaft Altschloß Purgstall, zu
deren Landgericht Wieselburg seit 1415
gehörte. Unter einem gefüllten (also mit
zusammengedrückten Hopfendolden randvoll
gemachten) Metzen ist ein Gefäß mit 61,5 l
Inhalt zu verstehen. Die einzige Braustätte
der Pfarre Wieselburg befand sich damals nicht
im heutigen Stadtgebiet, sondern gehörte einem
gewissen Matthias Dirrnhuber in Brunning, etwa
4 Kilometer entfernt.
Das Kirchenbuch
von Wieselburg vermerkt, dass am 8. Juli 1650
dem Preuer zu Prunning Matthias und seiner
Frau Ursula Dirrnhuber ein Kind namens
Magdalena geboren wurde. Am 11. August 1654
ist dieser Brauer „Matthias Thiernhuber Zu
Prunning“ im Alter von 48 Jahren begraben
worden.
Dirrnhubers
Witwe Ursula heiratete 1655 den aus „Paiern“
zugewanderten Brauer Paul Daninger, dessen
Nachfolger Georg Prambser, ein „ Gastgeb und
Pürrpreuer“, die Brauerei in die Stadt
verlegte.
Das Kirchenbuch
von Wieselburg vermerkt über dessen
Schwiegersohn 1711: Eodem Die copuliert worden
der Ehrbare Junge Gesöll Christoph
Stainkellner, seines Handwerchs ein Pürrpreuer,
des Ehrvertesten Herrn Christoph Stainkellner,
Bürger und Pürrpreuer zu Scheibbs noch im
Leben und der Maria Christina, dessen
Ehewirtin, wohl-ehelich gezeugter Sohn, mit
der Tugendsamen Jungfrau Maria Elisabeth
Prämbserin, des Ehrngeachteten Herrn Georg
Prämbser , Pürrpreuers zu Marbach, noch im
Leben und der Magdalena, dessen Ehewirtin,
wohl-ehelich erzeugter Tochter.“
Im Pfarrbuch
des Nachbarortes Petzenkirchen findet sich
unter dem 21.März 1770 der Name Josephi
Schauer, bürgerlicher Bräumeister zu
Wieselburg. Um diese Zeit nahm das Brauwesen –
bedingt durch die Klimaverschiebung –
bedeutenden Aufschwung: Der zumindest seit
1262 (als hier ein Weinzehent eingehoben
wurde) erwiesene Weinbau wurde unmöglich.
Dieser Josef
Schauer und seine dritte Gattin Cäcilia sind
auch die ersten grundbücherlich auf die
Brauerei Wieselburg eingetragenen Eigentümer.
Sie erweiterten 1811 den Betrieb um die
benachbarte Viertel – Hofstall des
Schuhmachers Sigmund Auretzholzer.
Aus dieser Zeit
ist auch der Bierpreis überliefert: eineinhalb
Gulden kostete der Eimer das waren 56 l. 1811
war das Jahr der Währungsreform nach dem durch
die Napoleonischen Kriege verursachten
Staatsbankrott. Zu jener Zeit verdiente ein
Knecht oder eine Magd in Niederösterreich
jährlich 50 Gulden, ein Kutscher 60 Gulden.
Zwölf Jahre
später, am 9. Jänner 1823, verkaufte die Witwe
Cäcilia Schauer Brauerei, Wirtschaftshof und
Gastwirtschaft um 3.600 Gulden an Franz
Schauer, der noch im selben Jahr an Nepomuk
Mutzer weiterverkaufte. Mutzer blieb bis zu
seinem Tode 1860, zwei Jahre nach dem großen
Brand des Marktes Wieselburg Eigentümer.
Am 15. Juli
1860 erwarb Josef Riedmüller, ein Sohn des
Brauereibesitzers von Waidhofen an der Ybbs
und Bruder des Brauereibesitzers in Hainfeld,
die Wieselburger Brauerei, die immer noch von
der Feuerbrunst 1858 beschädigt war. Der 28
jährige Riedmüller musste damals 12.000 Gulden
berappen etwa das Jahresgehalt eines
Spitzenbeamten oder Generals jener Zeit. Und
Riedmüller errichtete, wie die Chronik
berichtet, ein neues, „ sehr ordentliches
Breyhaus nebst notwendigen Kellereien, großem
Pferdestall und Remisen für die
Transportwagen.“ Riedmüllers Gattin Juliane,
geborene Pilshofer aus Ysper im Waldviertel,
heiratete im Herbst 1875 Caspar Bartenstein,
einen Vorarlberger, der damals Brauführer in
Waidhofen an der Ybbs war.
Bartenstein
erweiterte die Kapazität von 4.500 Eimer
(2.700 hl) innerhalb von zehn Jahren auf
13.400 hl und verdoppelte sie nochmals bis
1890. 1900 betrug der Ausstoß gar schon 60.000
hl.
Bartenstein war
so recht ein Kapitalistentyp des 19.
Jahrhunderts, seine Leidenschaft galt nicht
zuletzt dem Pferderennen. Zunächst fuhr er mit
seinen „Juckern“, wie er die Braurösser
nannte, im Renntempo zur Bahnstation
Kemmelbach, später ließ er eine Rennbahn in
Wieselburg errichten: seine Stute „Grete N“
gewann 1908 das Wiener Derby.
Die Brauerei
wurde modernisiert: 1896 kam ein E – Werk
(„bei 170 Pferde – Wasserkraft“) in
Breiteneich dazu, es wurde 1967 auf 220 KW
erweitert und ist noch heute in Betrieb –
während es aber einst auch die umliegenden
Ortschaften elektrisch versorgte, kann es
heute kaum mehr den Strombedarf der Brauerei
befriedigen.
Einen halben
Kilometer von der Brauerei entfernt wurde der
Lagerkeller „Kellerstöckl“ errichtet mit dem
(damaligen) Brauhaus durch eine Bier -,
Starkstrom – und Warmwasser=
Leitung
verbunden. Auch rechtlich wurde sie moderner:
1904 wurde die „ Wieselburger Aktienbrauerei,
vorm. K.Bartenstein „ mit einem Stammkapital
von 1.660.000 Kronen gegründet – zu Preisen
von 1983 wären das gut 67 Millionen Schilling.
(4.869.186 €)
1888 wurde ein
Nachbargebäude dazugekauft, das seither den
Braugasthof beherbergt – ein Deckenbalken
trägt die Jahreszahl 1748.
Nach
Bartensteins Tod (1912 , damals betrug der
Ausstoß 75.000 hl) ging die Expansion weiter,
die AG kaufte Brauereien in Kröllendorf und
Krems, ( 1903), Melk und Pottenbrunn (1904),
Riedmüllers Brauerei in Waidhofen 1909,
Amstetten 1915 Gruber & Lehner in Enns 1918,
Steyr 1919, Rosenau 1921 und Gresten 1923 auf,
und war am 1. Jänner 1925 Gründungsbetrieb der
Brau – AG. 1927/28 wurden knapp 55.000 hl
erbraut.
Nach mehreren
Rückschlägen erreichte der Betrieb 1953 die
100.000 hl – Grenze, 1960 150.000 hl und
überschritt 1964 die 200.000 hl – Marke.
1971 bis 1973
wurde die damals modernste Brauerei Europas
östlich der Stadt errichtet, an das
umweltfreundliche Erdgasnetz angeschlossen –
und bereits mehrfach mit neuer Technik
nachgerüstet.
Sehenswürdigkeiten und Ausflüge:
unmittelbar neben der Wieselburger Brauerei
wurde 1994 ein neues Museum errichtet, das die
Exponate des ehemaligen, nicht öffentlich
zugänglichen Linzer Brauereimuseums
aufgenommen hat. Auf 380 Quadratmetern werden
mehr als 200 alte Geräte ausgestellt.
Wieselburg ist
außerdem bekannt für sein seit 1928 jeweils zu
Peter und Paul stattfindendes Volksfest, das
sich in den letzten Jahren zu einer Gewerbe –
und Landwirtschaftsmesse ersten Ranges
entwickelt hat. Die Kleinstadt verfügt über
eine urgeschichtliches Museum (die Stefan Denk
– Sammlung im Rathaus, 07416/52319). Über
vierzig Jahre lang beherbergte Wieselburg auch
die Figuren, die im letzten Weltkrieg von der
Albrechtsrampe in Wien entfernt wurden. Sie
wurden 1869 von Johann Meixner geschaffen und
stellen die Nebenflüsse der Donau dar – sie
wurden 1989 an ihren ursprünglichen
Aufstellungsort am Danubiusbrunnen in Wien
zurückgebracht. Wieselburg versteht sich auch
als „Tor zum Ötscherland“, von hier sind es
nur wenige Kilometer nach Scheibbs, wo der
Voralpenweg die alten Handelswege entlang der
Erlauf kreuzt (an dieser Stelle befindet sich
eine der hl. Magdalena geweihte, dreischiffige
Hallenkirche). Flußaufwärts gab es schon früh
Industrie (Hammerwerk), hier war einmal der
Fortschritt zuhause. 1886 hatte Scheibbs das
erste öffentliche E – Werk Österreichs.
Weiter im Tal
befindet sich die Kartause Gaming, eine
gewaltige Klosteranlage von 1330, die 1782
aufgehoben wurde und die zeitweise für
Ausstellungen und ein Chopin – Festival
genutzt wird. In der Gaminger Pfarrkirche
spielte Mozart 1762. Gaming (oder das noch
näher zum Ötscher gelegene, allerdings durch
Skitourismus belastete Lackenhof) ist auch
Ausgangspunkt für Wanderungen in den Naturpark
Ötscher – Tormäuer.
Wo
einkehren? Feuerbrünste markieren
immer wieder die Punkte der Bau – Geschichte
Wieselburgs – und auch die seiner
Braugeschichte: 1748 wurde das abgebrannte
Haus Nr.24 von Familie Riegler, Gastwirte und
Bäcker, wieder aufgebaut. Es ist der Kern des
Brauhofs (07416/52229), der nach dem Brand vom
28. August 1932 wieder aufgebaut wurde und in
jener Zeit mit Sgraffitos und Deckengemälden
von Walter Prinzl verziert wurde. Hier und nur
über das Wochenende gibt es unfiltriertes
Wieselburger Zwicklbier.
In ganz
Österreich kommt Kaiser – Bier aus Wieselburg.
Selbst im Ötscherland ist das Kaiser – Bier
stärker verbreitet als das als „Wieselburger“
ausgewiesene Bier. In Wien gibt es das
Wieselburger traditionell in der Wieselburger
Bierinsel (1020, Prater 11, 01249460) einem
Lokal, das nicht nur von Praterbesuchern wegen
seines umfänglichen Angebotes der Brau – Union
– Bieren geschätzt wird.
Hiermit möchte
ich mich auch bei der Bürodame der Brauerei
Wieselburg herzlich bedanken, die mir das
Informationsmaterial zugesandt hat.
|